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Frank Tempel: „Ruf nach Gesetzesverschärfungen ist nutzloser Aktionismus der Bundesregierung“

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Sicherheits- und gesundheitspolitische Debatte in Römhild mit MdB Frank Tempel

Römhild (red). „Der Ruf nach Gesetzesverschärfungen und Befugniserweiterungen für geheime Strukturen ertönt nach tragischen Ereignissen bei der CDU reflexhaft. Die gefühlte und reale Sicherheit der Bürger hat das noch nie erhöht, höchstens Kosten“.

So eindeutig beurteilt der Bundestagsabgeordnete Frank Tempel die gegenwärtige Sicherheitspolitik der Bundesregierung. Tempel sprach im Rahmen eines Besuchs in Südthüringen auf einer öffentlichen Veranstaltung in Römhild zu innen- und gesundheitspolitischen Themen. Er war der Einladung des Landtagsabgeordneten Steffen Harzer (beide Linke.) gefolgt. Der Aktionismus von de Maiziere soll wohl auch verdecken, das in der jüngeren Vergangenheit bundesweit insgesamt 18.000 Stellen bei der Polizei abgebaut wurden- unter massiver Beteiligung von CDU- Verantwortungsträgern. Tempel zufolge ist dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung in Zeiten von Terrorgefahr und Verlustängsten nur nach genauer Analyse Rechnung zu tragen. Mittelfristig müssten die Ursachen für Radikalisierung und Terrorgefahr durch eine grundlegende außenpolitische Wende beseitigt werden. Bliebe diese aus, würde die Gesellschaft immer wieder mit Erscheinungsformen von Terror und Gewaltkriminalität konfrontiert werden. Aber auch kurzfristige Reaktionen seien möglich und notwendig. Das Sicherheitskonstrukt der CDU ziele auf eine weitere Zentralisierung der Strukturen und auf die Stärkung geheimer Nachrichtendienste ab. Beides sei aber, wie das Beispiel des Berlin-Attentäters Amri oder ein Vorfall aus Sachsen zeigt, in verheerender Weise gescheitert. Wie es hier in mindestens begünstigender Weise zu Informations- und Zeitverlusten durch Stellen bei Polizei und Verfassungsschutz aus Bund und mehreren Bundesländern kam, sei beklemmend. Ungeklärte Zuständigkeiten und erneutes Versagen geheimer Dienste sind aber nicht auszuschließen, wenn nur deren Befugnisse erweitert würden.

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Zugleich seien die polizeilichen Aufgaben der Gefahrenabwehr und Ermittlung dezentral wesentlich besser zu erfüllen: Bei dezentraler Kräfteführung und Anwendung regionaler Kenntnisse über Kriminalitätsschwerpunkte verliefe die Polizeiarbeit effektiver. So seien Thüringer Beamte zwangsläufig spezialisiert zum regionalen Schwerpunkt rechtsextremer Terrorstrukturen wie dem NSU, während in Nordrhein- Westfalen wesentlich mehr Kenntnisse zu islamistischen Gefährdern vorlägen. Grundsätzlich müsse die Länderpolizei personell gestärkt werden, um mehr „Dienst am Bürger“ verrichten zu können. Auch hätten „Eigentumsdelikte wie Einbruch und Diebstahl mit Polizeidichte zu tun“. Er sieht sich darin auch nach einem Besuch in der Landespolizeiinspektion Suhl bestätigt. Leiter Wolfgang Nicolai konstatierte dabei für seinen Bereich, mit 2923 qkm Fläche größer als das Saarland, eine geringe Kriminalitätsbelastung und mit über 68% Aufklärungsrate bei Straftaten einen Thüringer Spitzenwert. Dennoch mahnte er eindringlich, diese erreichte Qualität nicht durch Personalabbau bei der Landespolizei zu gefährden.

Die Union wolle Tempel zufolge hingegen nur an den Außengrenzen der Bundesrepublik eine Verstärkung. Die Bundespolizei könnte aber deutlich entlastet werden, wenn die Erfassung von illegal Eingereisten ohne Anzeigeaufnahme stattfände. Strafanzeigen zögen im Regelfall lange Verfahrenszeiten mit hohem Personaleinsatz und offenem Ausgang nach sich. Der Polizeioberkommissar kritisierte auch, dass die vielgepriesene Videoüberwachung ohne die Bereitstellung handelnden Personals sinnlos sei. Auch sei eine Fußfessel kein Allheilmittel. Im Falle Anis Amri hätte sich der Täter davon sicher nicht abhalten lassen. Zudem sei deren Einsatz auch gar nicht in Frage gekommen, da Amri sich in verdeckter Beobachtung befand. Diese stoße ebenfalls an Grenzen, da für solche Maßnahmen bis zu 40 Beamte pro Gefährder notwendig seien. Wüchse die Zahl der Gefährder, seien solche Beobachtungen objektiv nicht mehr möglich. Da in Deutschland mindestens zwei Drittel vermeintlich islamistischer Gefährder einen deutschen Pass besitzen, seien auch weitere Angriffe auf das Asylrecht reiner Populismus. Erst recht könnten zudem Gefährder aus der Neonaziszene nicht abgeschoben werden. Da auch Wissenschaftler des Strafrechtsbereichs die Wirksamkeit von Gesetzesverschärfungen widerlegt haben, fordert Tempel, nicht die Symptome, sondern die Ursachen zu bekämpfen. Die Mehrzahl so genannter Gefährder würden sich nicht in ihren Herkunftsländern, sondern erst in Europa radikalisieren. Oftmals wären diese Personen zu Beginn auch nicht streng religiös orientiert. Tempel plädiert deshalb für Präventionsstärkung, um Deradikalisierung zu befördern. Dies erfordere auch eine andere Finanzierung von szenespezifischer Sozialarbeit.

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Einen Namen machte sich Tempel inzwischen auch in der Gesundheitspolitik. Dem ehemaligen Drogenfahnder war es gelungen, der von Medizinern und Hilfsorganisationen geführten Debatte zur Entkriminalisierung von Konsumenten wichtige Impulse zu verleihen. Wenig überraschend führte er diese Diskussion auch vor seinem Auftritt im Römhilder „Waldhaus“: Bei Besuchen des Maßregelvollzugs in der Helios- Fachklinik Hildburghausen und der AHG-Klinik Römhild ging es um die weitere Ausrichtung der Drogenpolitik der Bundesrepublik. Anregungen aus den intensiven Gesprächen mit Hausleitungen, Therapeutinnen und Sozialarbeitern nimmt der Abgeordnete gern mit in den Bundestag. Für die Gesprächsmöglichkeiten bedankte sich Tempel anschließend bei der Geschäftsführerin Dr. Franka Köditz in Hildburghausen und Verwaltungsdirektor Harald Schlögel in Römhild.

Beitragsbild: MdL Steffen Harzer (re.) und MdB Frank Tempel (Mitte)
Quelle: WKB Frank Tempel, Mathias Günther

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